Meine Gedanken über...2019 vs. 2020

Eigentlich hatte ich vor mal einen privaten Rückblick über 2019 zu posten. 2019 ist bei mir nämlich einiges passiert, dass mich sehr beschäftigt hat und ich betreibe diesen Blog nicht nur, um über Bücher zu schreiben, sondern auch, um mir so einiges mal von der Seele schreiben zu können. Aber zeitlich habe ich diesen Rückblick Anfang des Jahres nicht hinbekommen. Und dann kam auch schon 2020 mit all seinen Krisen und Katastrophen. Deswegen mache ich jetzt so spät doch noch einen Rückblick, beziehe aber auch ein, was ich in den wenigen Monaten dieses Jahres inzwischen gelernt habe.
2019 find für mich schon nicht gut an. Noch Ende Januar musste ich mich nach fast 20 Jahren von meinem Kater verabschieden. Für alle in meiner Familie war das unglaublich schwer, aber für mich war er eben nicht nur ein Kater, sondern auch fast mein ganzes Leben lang bester Freund, der einfach bei allen Meilensteinen meines kurzen Lebens dabei war. Ich habe kaum eine Erinnerung, in der er nicht vorkommt. Und diejenigen, die auch Haustiere haben und diese vor allem so lange schon in ihrem Leben haben dürfen, wissen, dass es Familienmitglieder sind. Aber ich will darüber gar nicht zu viel schreiben, da ich bei jedem Gedanken an ihn nach wie vor anfangen muss zu weinen, weil ich ihn so vermisse. Wer mehr darüber lesen will, kann sich meinen Beitrag zum Weltkatzentag letztes Jahr ansehen. 
Das Jahr ging danach erstmal etwas besser weiter. Ich hatte viel Stress. Habe im Studium mein Nebenfach von Japanologie zu Philosophie gewechselt und bin eigentlich immer noch nicht zufrieden damit, aber na ja, man kann nicht alles haben.
Aber dann kam im Sommer schon der nächste Dämpfer. Meine Oma hatte immer größere Beschwerden, sogar einen leichten Schlafanfall, weshalb wir sie schließlich gedrängt haben, sich genauer untersuchen zu lassen. Und dann kam die Diagnose: Krebs. Ich habe das erstmal, genau wie meine Oma, nicht glauben wollen. In den letzten Jahren hatten in meiner Umgebung viele Menschen Krebs und alle von ihnen sind letztlich daran gestorben. Und deshalb wollte ich das nicht wahrhaben. Natürlich habe ich meiner Oma immer wieder Mut zugesprochen, aber selbst war ich innerlich ein Wrack und kam mir so hilflos vor. Für mich ist meine Oma eine zweite Mutter. Ich habe in meiner Jugend jeden Tag mit ihr verbracht und dabei musste sie sehr viel mitmachen. Meine gesamte rebellische Phase in der Pubertät hat sie abbekommen. Ich war teilweise wirklich nicht nett zu ihr und habe viel Mist gebaut, aber sie hat mir das alles immer wieder verziehen. Für sie stand immer nur mein Wohlergehen an erster Stelle. Das Wohlergehen von allen. Meine Oma ist ein Mensch, der immer gibt und nie selbst etwas verlangt. Sie liebt es, wenn sie sich um andere kümmern kann und weiß, dass es allen gut geht. Nachdem mein Opa, den sie jahrelang gepflegt hat, 2017 gestorben ist, hat für sie ein richtiger neuer Lebensabschnitt begonnen. Zuvor hatte sie sich immer um irgendjemanden gekümmert. Erst hat sie selbst als Kind ihre krebskranke Mutter unterstützt, wo sie konnte, sich nach dem Tod ihrer Mutter mit um ihre kleine Schwester gekümmert. Dann wurde sie mit Anfang 20 selbst Mutter, danach Großmutter und war dann Pflegerin für ihren Mann. Und dann hatte sie plötzlich nichts mehr zu tun und konnte sich zum ersten Mal um sich selbst kümmern. Und sie ist aufgeblüht, hat so viel unternommen. Und dann kam diese Diagnose. Erstmal sah alles ganz gut aus, man konnte operieren. Ihre größte Angst ist es, auf dem OP zu sterben, deshalb war der Eingriff für sie sehr schwer. Aber sie hat ihn mitgemacht und überstanden. Zwar konnte nicht der gesamte Tumor entfernt werden, aber der Arzt war zuversichtlich, dass eine Chemo zur vollständigen Genesung führen würde. Und so war auch der Plan. Bis meine Oma dann doch noch als Folge der OP einen weiteren Schlaganfall erlitt. Von einem Tag auf den anderen konnte sie ihren rechten Arm nicht mehr bewegen und kurz darauf auch nicht mehr ihr Bein. Lange wurde der Schlaganfall im Krankenhaus nicht erkannt. Einzig meine Mutter, die selbst schon vier davon hinter sich hat, war sich sicher.  Meine Oma war damit von einem auf den anderen Tag bettlägerig und hatte noch andere Beschwerden durch die OP. Sie konnte nicht mehr essen, sich nicht bewegen und hat jeden Tag nur davon gesprochen, dass sie sterben wolle. Aber das haben wir ihr schlicht nicht erlaubt. Meine Oma ist eine Kämpferin. In den schlimmsten Situationen findet sie immer noch etwas Positives und vor allem ist ihr ihre Selbstständigkeit heilig. Und so hat sie auch in Rekordzeit wieder laufen und schreiben gelernt. Sie ist 83 Jahre alt und hat innerhalb von 6 Wochen die Beweglichkeit ihres Armes nahezu vollständig wiederhergestellt. Danach kam sie für vier Monate in Kurzzeitpflege und kann inzwischen auch wieder ohne Hilfe laufen. Ende April kam sie dann nach 7 Monaten endlich wieder nach Hause. Sie ist nun teilweise auf Hilfe angewiesen, kommt inzwischen aber viel besser damit zurecht, als zu Beginn. Im Laufe dieser ganzen Zeit konnte sie keine Chemo machen. Ihr Körper war dazu zu schwach. Und sie hat sich auch dazu entschieden, dass sie keine mehr machen möchte. Für mich ist das schwer zu akzeptieren, aber das muss ich, denn es ist ihre Entscheidung.
Nun haben wir 2020 und haben mit Corona zu kämpfen und trotzdem möchte meine Oma, dass wir sie besuchen kommen, sie umarmen und keinen Mundschutz tragen (den tragen wir aber trotzdem und Abstand halten wir auch nach Möglichkeit). Als ich ihr erklären wollte, dass wir das nur zu ihrem Schutz machen hat sie mir gesagt, dass sie keine Angst hat. Ich finde das bemerkenswert, denn ich habe eine scheiß Angst. Ich meine, mir ist klar, dass ich mich früher oder später in meinem Leben von ihr verabschieden muss. Der Krebs hat diese Zeit jetzt schon minimiert. Ich will nicht, dass Corona uns noch mehr nimmt.
Zu Beginn dieses Jahres gab es bei mir in der Nähe einen rechtsextremen Amoklauf, die Tat von Hanau. Das war das erste Mal, dass so etwas schlimmes so nah bei mir passiert ist. Ich kannte keines der Opfer, aber es hat mich einfach sehr mitgenommen, dass dort Leben so schnell beendet wurden. Die Tatsache, wie schnell es gehen kann. Solche Meldungen nehmen mich immer sehr mit. Aber jetzt, in der Situation mit meiner Oma, zeigt es mir auch, wie gut wir es eigentlich haben. Wir haben noch gemeinsame Zeit, die wir nutzen können und werden. 

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