[Rezension] 54 Minuten - Jeder hat Angst vor dem Jungen mit der Waffe




Titel: 54 Minuten
Autor: Marieke Nijkamp
Preis: € 14,99 
Seitenanzahl: 336
Genre: Jugendbuch
Reihe: Einzelband
Meine Wertung: 4/5 Hühnchen 




Opportunity ist eine kleine Stadt in Alabama. Dort kennt jeder jeden und alle waren auf der Opportunity Highschool. Jedes Schulhalbjahr beginnt mit der immer gleichen Rede der Direktorin, die jedes mal um Punkt 10 Uhr zu Ende ist. Doch diesmal ist etwas anders. Als die Schüler die Aula verlassen wollen, sind die Türen verschlossen und plötzlich beginnt jemand zu schießen. Tyler will sich an seinen Mitschülern rächen. Und er wird erst aufhören, wenn er die letzte Kugel verschossen hat.

Dieses Buch war wieder ein Leseexemplar, allerdings habe ich es mir diesmal freiwillig genommen und zusammen mit einer Freundin gelesen. Die Geschichte wird aus Sicht von vier Schülern erzählt, die alle in einer Verbindung zu Tyler stehen. Manche liebt er, manche hasst er und bei manchen verschwimmen die Grenzen. Das Buch ist grausam. Sobald der Amoklauf begann, bekam ich kalte und feuchte Hände. Tyler ist ein kranker Charakter, ein anderes Wort fällt mir zu ihm nicht ein. Ich konnte ihn nicht verstehen. Er nennt seine Gründe und natürlich konnte ich diese nicht nachvollziehen, schließlich tötet er Menschen, aber ich wollte ihn wenigstens verstehen. Aber das ging beim besten Willen nicht. Er wollte, dass ihm die Menschen zuhörten, aber er teilte sich ihnen überhaupt nicht mit. Er zeigte ihnen nur eine Fassade und nicht den echten Tyler, der mit seinen Gedanken allein war und immer verrückter wurde. Im Buch erhält man durch Rückblenden aus den Leben der vier erzählenden Charaktere auch Einblicke in Tylers Leben. Man verstand wie die Charaktere zusammenhingen und warum Tyler ein paar von ihnen töten wollte. Aber man merkt im Laufe des Buches, dass Tyler Probleme damit hat, die Kontrolle zu verlieren. Sein anfänglicher Rachefeldzug, wir immer mehr zu einer Jagd und es müssen auch Menschen sterben, mit denen er nichts zu tun hatte.
Noch etwas, was ich nicht verstehen konnte, ist die Einstellung "Ich riskiere mein Leben, um eine Person zu retten, die ich liebe". Ich konnte es nicht verstehen. Gleich zwei Charaktere haben so gehandelt und einer verlor tatsächlich sein Leben. Natürlich, es kann sein, dass man den Jungen mit der Waffe damit ablenkt, dass die geliebte Person genug Zeit hat zu fliehen, aber zu welchem Preis? Sie verliert doch dadurch auch einen geliebten Menschen, sie wird sich ziemlich sicher Vorwürfe machen und sie hatte ebenfalls das Ziel den anderen zu beschützen und hat damit versagt. Ich konnte das nicht verstehen. Aber natürlich war ich auch noch nie in einer solchen Situation.

Zwischen den Kapiteln gab es immer eine Seite mit Tweets, SMS oder einem Blogeintrag, in denen es um den Amoklauf ging. Es schrieben sowohl Leute, die in der Schule waren, als auch welche die draußen waren. Das fand ich ganz interessant. Dein Leben wird bedroht und du postest es erstmal auf Twitter. Ich fand das einen gelungenen Spiegel unserer Gesellschaft. Wie alle in den absurdesten Momenten das Bedürfnis haben sich öffentlich mitzuteilen. Und alle von ihnen waren genervt, wenn jemand einen Kommentar zu ihren Beiträgen schrieb. Die SMS dafür, die nur an eine wichtige Person gerichtet waren, galten mehr als letzte Worte, um Dinge zu sagen, die man schon immer einmal sagen wollte. Die Tweets waren mehr eine Sammlung aus "Scheiße", "Er hat eine Waffe", "Hilfe". Lediglich Informationen ohne große Bedeutung. 
Die vier Charaktere zeigten mit ihrer jeweiligen Sicht aber auch, dass jeder sich in einer solchen Situation anders verhält und andere Prioritäten setzt.
Ich finde das Buch sehr gelungen und vor allem sehr realistisch geschrieben. Wäre es nicht an manchen Stellen etwas zu kitschig gewesen und auch vorhersehbar, hätte ich fünf Hühnchen gegeben.

Ich bin für Matt verantwortlich und sollte ihn beschützen. Und jetzt bin ich noch nicht mal bei ihm.
-Claire, Seite 135
Noch bevor mein Verstand oder auch mein Überlebensinstinkt einsetzen, strecke ich die Arme aus und packe Tyler bei den Schultern, damit er nicht sieht, was um ihn herum passiert.
-Autumn, Seite 179
Sylvia ist glücklich mit ihr, darauf kommt es an.
-Tomás, Seite 186
Die Einzigen, die jetzt noch von Bedeutung sind, sind die beiden vor mir: der Junge, der mich kaputt und das Mädchen, das mich wieder heil gemacht hat. Ich werde nicht zulassen, dass er sie mir nocheinmal wegnimmt.
-Sylvia, Seite 203
Gemeinsam könnten wir so stark sein, aber die Pistole hat uns zu Einzelkämpfern werden lassen.
-54 Minuten, Seite 87

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